Randale in Sachsen überschatten Fußball-Fest zum Finaleinzug der DFB-Elf
Dresden/Leipzig. Randale und fremdenfeindliche Ausschreitungen haben in
Dresden und Chemnitz die fröhlichen Jubelfeiern nach dem 3:2-EM-Erfolg
der deutschen Fußball-Elf gegen die Türkei überschattet. In Dresden
griff eine Gruppe Jugendlicher drei Döner-Buden an und verletzte zwei
Türken. In Chemnitz gingen gewaltbereite Fußballfans nach dem Abpfiff
auf die Polizei los. In Leipzig blieb die Lage bis auf wenige Ausnahmen
entspannt. Wie hier feierten tausende Menschen im Freistaat friedlich.
Auf dem Chemnitzer Marktplatz kamen mehr als 4000 Zuschauer. Am
Dresdner Elbufer waren es 10.000 Zuschauer, in Leipzig mehrere Tausend.
Weil es hier keine zentrale Großbildleinwand gibt, haben die Fans das
Spiel überwiegend in Biergärten und Kneipen verfolgt.
Sie blockierten nach Abpfiff des Spiels mehrere Straßen. Ein Autokorso
legte den Leipziger Innenstadtring lahm. Immer wieder stimmten sie die
Jubelhymne „Finale, oho! Finale, ohohoho!“ an. "Gegen 2 Uhr war aber
wieder alles normal", sagte Polizeisprecher Andreas de Parade gegenüber
LVZ-Online. Auch in der Karl-Liebknecht-Straße ging ab 23 Uhr nichts
mehr. "Hier musste die Polizei eingreifen, da ein paar Fußballfans eine
Straßenbahn am Weiterfahren hinderte". Außerdem seien einigen
Autofahrern im Überschwang der Gefühle die Deutschland-Fahnen entwendet
worden. In der Innenstadt hätte es tätliche Auseinandersetzungen
einzelner Feiernder gegeben. Zwar wurden in der Nacht Anzeigen wegen
Körperverletzung gestellt, allerdings ließen sich diese "an einer Hand
abzählen". Von massiven Schlägereien in der Innenstadt könne aber nicht
die Rede sein.
Mannschaftskapitän Michael Ballack sorgte in seiner Heimatstadt
Chemnitz für besonders lauten Jubel, sagte Fanfest-Chef Jürgen Rotter.
„Wir haben ihn vor dem Spiel gefeiert, nach dem Spiel gefeiert. Er
gehört einfach zu Chemnitz dazu.“ Obwohl der „Spielverlauf
deprimierend“ gewesen sei, sei die Stimmung nach Abpfiff „fast Land
unter“. Zum Finale am Sonntag gegen Russland oder Spanien soll die
Fanmeile erweitert werden. Mit der Stadtverwaltung sollen entsprechende
Gespräche geführt werden. „Wir sind bereit für 8000 Leute“, sagte
Rotter.
Nach dem Schlusspfiff zogen in Dresden mehrere hundert Menschen durch
die Innenstadt. Zeitweise waren die Kreuzung Görlitzer und Rothenburger
Straße und der Pirnaischer Platz für den Fahrverkehr blockiert. In der
Dresdner Neustadt schlug die Stimmung aber um. 20 bis 30 Randalierer
schlugen zunächst in zwei Imbissen Scheiben ein und beschädigten die
Einrichtung, sagte Polizeisprecher Thomas Herbst. In einem dritten
Döner-Laden am Albertplatz seien dann auch die Betreiber angegriffen
worden. Diese erlitten Verletzungen und mussten medizinisch versorgt
werden. Die dunkel gekleideten Angreifer hätten die Ladeneinrichtung
demoliert, Flaschen geworfen und eine türkische Fahne angezündet.
Mehrere Schaulustige und Mitläufer verfolgten die Randale. Die Polizei
bittet Zeugen, sich unter der Telefonnummer (0351) 483 – 22 33 zu
melden. Es wird wegen Landfriedensbruchs ermittelt.
Die rund 200 eingesetzten Polizeibeamten von Bundespolizei, sächsischer
Bereitschaftspolizei und Dresdner Polizei mussten elf Personen in
Gewahrsam nehmen. Mehr als sonst hatte auch der Rettungsdienst der
Landeshauptstadt zu tun. Er musste rund 20 Menschen wegen
Schnittverletzungen, nach übermäßigem Alkoholkonsum oder nach
Schlägereien behandeln.
In Chemnitz wurden sechs Beamte verletzt und mehrere Polizeiautos
beschädigt. Wie die Polizei mitteilte, sei die Stimmung nach dem Spiel
in der Chemnitzer Innenstadt aufgeheizt gewesen. Als die Einsatzkräfte
weitere Ausschreitungen verhindern wollte, habe sich die Gewalt
plötzlich gegen die Beamten gerichtet.
ast, LVZ-Online / dpa