Kulturbüro Sachsen: Rechtsextreme formieren sich grenzüberschreitend

Dresden. Tschechische Neonazis profitieren von den Erfahrungen
Gleichgesinnter aus Sachsen. "Es gibt einen Know-How- Transfer", teilte
das Kulturbüro Sachsen am Montag in Dresden als Fazit eines gemeinsamen
Projektes mit Kollegen aus dem Nachbarland mit. Mittlerweile gebe es
regelmäßig Treffen zwischen Führungskräften der Szene. So hätten
Vertreter der tschechischen Gruppierung "Národní odpur" (Nationaler
Widerstand) auf Einladung der rechtsextremen NPD den sächsischen
Landtag besucht. Von Sachsen aus würden seit einigen Jahren
"rechtsextreme Strukturen in die europäischen Nachbarländer exportiert".
"Es gibt inzwischen vergleichbare Strukturen bei Parteien und freien
Kameradschaften", sagte Kulturbüro-Mitarbeiter Friedemann Bringt. Sein
tschechischer Kollege Ondrej Cakl bezifferte die Zahl der Neonazis in
Tschechien auf rund 7000. Diese Zahl aus dem Prager Innenministerium
stamme jedoch von 2002 und sei seitdem nicht mehr aktualisiert worden:
"Seit 2005 kann man beobachten, dass es einen kontinuierlichen Anstieg
rechtsextremer Aktivitäten gibt." Allein 2008 habe es 45
Demonstrationen und 20 Konzerte gegeben. Cakl erinnerte an den Überfall
von Neonazis auf einen von Sinti und Roma bewohnten Stadtteil in Janov.

Nach Angaben des sächsischen
Verfassungsschutzes unterhalten NPD- Mitglieder auch Beziehungen zur
"Arbeiterpartei" (DS) in Tschechien. Dem Verfassungsschutz liegen zudem
Informationen vor, wonach ein "deutsch-tschechisches Seminar"
abwechselnd in beiden Ländern und zweisprachig durchgeführt werden
soll. Die Kooperation zeige sich ferner in gegenseitiger Teilnahme an
Demonstrationen. "Deutsche Rechtsextremisten traten auch als Redner auf
Szene-Veranstaltungen in Tschechien auf", sagte ein Sprecher des Amtes.

Die grenzüberschreitenden Verbindungen der Rechtsextremen sind in einer
am Montag vorgestellten Publikation aufgelistet. An der zweisprachig
erschienenen Broschüre "Gefährliche Liebschaften. Rechtsextremismus im
kleinen Grenzverkehr" haben Autoren aus beiden Ländern mitgewirkt.
Herausgeber sind die Heinrich Böll Stiftung und das Kulturbüro Sachsen.
Dessen Mitarbeiter sehen Sachsen in der Pflicht, grenzüberschreitende
Gegenstrategien zu unterstützen. Entsprechende Initiativen brauchten
eine kontinuierliche Förderung und dürften nicht immer nur als
Modellvorhaben eingestuft werden.

dpa

© LVZ-Online, 15.09.2009

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