Dresden/Chemnitz/Leipzig nach dem Halbfinale

Beschämende Nachspielzeit? Fremdenfeindliche Ausschreitungen.

 Gebt ihnen zwei Wochen Fähnchen in die Hand, laßt elf Leute mit dem gleichen Pass guten Fußball spielen und schon geht’s wieder los. "Beschämende Nachspielzeit" nennt die Pressestelle der PD Dresden, was gestern Abend nach dem Halbfinalspiel in Dresden abging: Laut Welt-Online begannen nach Ende des Spiels 20 bis 30 dunkel bekleidete Unbekannte hintereinander drei Imbisse anzugreifen. Die Fensterscheiben wurden eingeworfen, Knallkörper gezündet, eine Türkische Fahne verbrannt. In zumindest zwei Geschäften wurden die anwesenden Betreiber_innen gleich mit attackiert. Rund 200 Polizisten waren nötig, um den Exzess zu beenden, elf Personen wurden festgenommen. Jedoch war nach Polizeiangaben kein Mitglied der anführenden Gruppe darunter. Der bittere Teil: es handelte sich nicht um Bratwurststände, sondern um Dönerläden. Und ein ganzer Mob an Gaffern und Zuschauern zog gleich mit und ergötzte sich am Anblick. Die Polizei schaffte es aber in ihrer Pressemitteilung nicht, die Angriffe als das zu bennen, was sie waren – das Ausleben übelster Ressentiments.

Mügeln in Dresden während der Europameisterschaft? Kühe, Schweine, Ostdeutschland!

Nach der Hetzjagd auf mehrere Menschen nichtdeutscher Herkunft (!), war der Aufschrei in der medialen Öffentlichkeit nicht zu übersehen. Die ethnisch gezogene Trennlinie zwischen den Akteuren ist das entscheidende Element der Angriffe eines deutschen Dorffest-Mobs auf acht Inder gewesen. Die nicht koschere Auseinandersetzung zwischen den Besucher_innen endete im August 2007 schließlich in einer pogromartige Hetzjagd von rund 50 Deutschen auf 8 Inder.

In Dresden kam es nun, nach dem Spiel Deutschland gegen Türkei (3:2), zu Angriffen gegen Dönerläden und die anwesenden Migrant_innen. Auf zwei Nazi-websites wurde im vorhinein dazu aufgerufen, sich unter das fahnenschwingende Volk zu mischen und innerhalb von fan-meilen für ethnisch motivierte Auseinandersetzungen zu sorgen. Und zunächst scheint diesen Aufrufen auch niemand gefolgt zu sein. Finden sich dann aber wirklich ein paar aktionistische Nazis, ist auch sofort der Mob an Zustimmung und Einvernehmen zu finden, der hinter diesen her trottet und Gewalt gegen Menschen gutheißt!

Bildmaterial (Sächsischen Zeitung, indymedia)

auf indymedia:

Chemnitz und Leipzig

In Chemnitz wurden im gleichen Zeitraum 6 Polizist_innen verletzt und mehrere Polizeiwagen beschädigt, als team green bei nonverbalen Konflikten eingriff.

Zur Verringerung der CO2-Emissionen durch wild umherfahrende und grölende Deutsche – die beseelt waren von der Vorstellung, nicht Ballack und co. haben da gespielt und gewonnen, sondern sie selbst durch ihre gemeinschaftliche Zugehörigkeit – konnten sich Fahrzeuge und Halter am Connewitzer Kreuz nach Ende des Spiels über zwei Stunden lang kostenlos entfahnen lassen.


LVZ-online vom 26.06.08

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