Michelles Familie meldet sich erstmals zu Wort / Schwer bewaffnete
Polizei durchkämmt Industrieareal
Eine Woche, nachdem ihre Tochter tot aufgefunden wurde, haben sich
gestern Michelles Eltern erstmals an die Öffentlichkeit gewandt. Die
Fahndung der Polizei konzentrierte sich unterdessen auf eine
Industriebrache in Stötteritz. 50 Bereitschaftspolizisten durchkämmten
das Gelände. Auffällig: Sie waren diesmal mit Maschinenpistolen
ausgerüstet. Offenbar war nicht ausgeschlossen, dass sich der Mörder in
den Fabrikgebäuden versteckt hält.
Die Eltern von Michelle (37 und 33 Jahre) und deren Brüder (5 und 11)
werden weiterhin außerhalb von Leipzig von der Öffentlichkeit
abgeschirmt. Psychologen und die Opferberatung Weißer Ring betreuen sie.
Über ihre Anwältin Ina Alexandra Tust dankten sie gestern für die große
Anteilnahme. „Die gesamte Familie fühlt sich wie in einem Albtraum ohne
Ende“, sagte Tust, die bereits die Familie des im Februar vorigen Jahres
missbrauchten und getöteten Mitja juristisch vertreten hatte. Die
pathologischen Untersuchungen in der Rechtsmedizin seien abgeschlossen,
so dass Michelle beerdigt werden könne. Dies solle auf ausdrücklichen
Wunsch der Familie nur im engsten Kreis unter Ausschluss der
Öffentlichkeit stattfinden. Die Eltern distanzierten sich zugleich von
den rechtsradikalen Aktivitäten des Onkels von Michelle. Dieser war bei
Neonazi-Demonstrationen im Zusammenhang mit Michelles Tod als Redner
aufgetreten (die LVZ berichtete).
Die Polizei konzentriert sich bei ihrer fieberhaften Suche weiterhin auf
jene Sachen, die Michelle am Tag ihres Verschwindens bei sich trug,
jedoch nicht bei der Leiche gefunden wurden. Ermittler halten es
keineswegs für einen Zufall, dass pinkfarbene Kapuzenjacke und
Sporttasche des achtjährigen Mädchens verschwunden sind. Womöglich, so
die Hoffnung der Soko, finden sich darauf Fingerabdrücke und DNA-Spuren
des Täters. Allerdings konnten beide Gegenstände auch gestern nicht
gefunden werden.
Und das, obwohl Bereitschaftspolizisten seit den frühen Morgenstunden
auf dem Areal an Oschatzer Straße/Melscher Straße – das ist etwa 600
Meter entfernt vom Weiher, in dem vor einer Woche Michelles Leiche
gefunden worden war – jeden Stein umdrehten. Dass sie dabei im
Unterschied zu Suchaktionen an den Tagen zuvor Maschinenpistolen trugen,
begründete Polizeisprecher Uwe Voigt knapp mit „Eigensicherung“. Ob
Ermittlungen einen Verdacht ergeben hatten, dass sich der Mörder auf dem
Gelände versteckt hält, mochte er nicht bestätigen. An der Suche waren
auch Taucher beteiligt, die einen 20 mal 10 Meter großen Löschteich
untersuchten. Rund um den Fundort der Leiche sind weiterhin einzelne
Bereiche abgesperrt, die in den nächsten Tagen geprüft werden sollen.
Frank Döring