Leipzig. Etwa 350 Neonazis konnten am Samstagnachmittag weitgehend
ungestört im Stadtteil Reudnitz demonstrieren. Gegen 12 Uhr hatten sich
die Teilnehmer am S-Bahnhof Anger-Crottendorf formiert und eine erste
Kundgebung abgehalten. Um 13.30 setzte sich der Demonstrationszug in
Bewegung und erreichte am Nachmittag ein vorrangig von Studenten
bewohntes und in den vergangenen Monaten durch einen rechten Überfall
bekannt gewordenes Haus in Reudnitz.
Hier hielten die Rechtsextremen eine Zwischenkundgebung ab. Allerdings
konnte jene erst nach einiger Verzögerung beginnen, da die Hausbewohner
mit lauter Musik und Topfschlägen akustisch zu stören wussten. Nach
Angaben der Polizei wurde dann der Strom abgestellt, vorrangig jedoch
um die eigenen Großfahrzeuge vor Oberleitungen zu schützen, sagte
Sprecherin Silvaine Reiche. Daraufhin konnte die Kundgebung wie geplant
fortgesetzt werden. Gegen Abend ging der Marsch am S-Bahnhof Stötteritz
zu Ende.
Bereits am frühen Nachmittag hatte eine Gegendemonstration
verschiedener linker Organisationen stattgefunden, an der knapp 400
Menschen teilnahmen. Die von Juliane Nagel (Die Linke) angemeldete
Veranstaltung ging nach einer Kundgebung am Möbiusplatz ohne größere
Zwischenfälle zu Ende. Nach Polizeiangaben hätten sich die Teilnehmer
danach verstreut und versuchten nun vereinzelt, den Demonstrationszug
der Neonazis zu stören.
Die Polizei – mit mehreren Hundertschaften, Hunde- und Pferdestaffeln
vor Ort – hatte die Lage nach eigenen Angaben allerdings während der
ganzen Zeit im Griff und so sei es zu keinen nennenswerten
Ausschreitungen oder Sachbeschädigungen gekommen. Die von Bundespolizei
und Einheiten aus Sachsen-Anhalt sowie Brandenburg unterstützten
Beamten mussten bis in den frühen Abend keine Verletzten, keine
Festnahmen und auch keinen Gewahrsam verzeichnen.
Durch das massive Polizei-Aufgebot seien Gewaltbereite eingeschüchtert
worden, betonte Einsatzleiter Ulrich Bornmann. "Das offensive
Einsatzkonzept der Polizei verhinderte die immer wieder angestrebten
massiven Ausschreitungen", hieß es in einer Mitteilung.
Die Leipziger Stadtverwaltung hatte zuvor das Marschieren in Blöcken,
Zügen und Reihen verboten, um Provokationen zu vermeiden. Auch
Springerstiefel und Bomberjacken waren verboten. Die Grünen und die
Linke warfen der Stadtverwaltung trotzdem Versagen vor. Es sei
unverständlich, dass die Rechtsextremisten während des gesamten
Demonstrationszuges die Befreiung Deutschlands von der Demokratie
fordern durften, kritisierten sie. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete
Monika Lazar warf den Leipziger Bürgern zudem vor, nicht energisch
genug gegen die rechte Demo protestiert zu haben.
mpu, lvz-online.de, dpa
© LVZ-Online vom: Sonntag, 13. Januar 2008