Ausstellung “Vom Polizeigriff zum Übergriff” im linXXnet Leipzig


Noch bis zum 10. März ist im Politik- und Kulturbüro linXXnet in der
Bornaische Straße 3d die Ausstellung "Vom Polizeigriff zum Übergriff"
des Antidiskriminierungsbüros Berlin (ADB) zu sehen.
Die Ausstellung widmet sich dem im öffentlichen Diskurs unterbelichteten
Thema der Polizeigewalt.

In Leipzig zeigten zuletzt die Ereignisse der Silvesternacht am
Connewitzer Kreuz, dass am Rande von Polizeieinsätzen eben auch mal
Unbeteiligte mit Pfefferspray oder Schlagstöcken konfrontiert sind. Auch
die Ereignisse in der Holsteinstraße in Leipzig-Reudnitz müssen aus
dieser Perspektive beleuchtet werden: am 12.1.2008 drangen Polizeibeamte
in das zu trauriger Berühmtheit gekommene Haus ein, stellten den Strom
ab und beschimpften die Bewohnerinnen. Nebenbei durften Nazis vor
demselben Haus eine beschützte Kundgebung abhalten.

Vor allem aber sind Migranten und Migrantinnen Opfer von Polizeigewalt.
"Gewalt" beginnt dabei weit vor einem tatsächlichen Übergriff, nämlich
mit "verdachtsunabhängigen" Kontrollen oder rassistischen Beleidigungen.
Aus dem tatsächlichen Übergriff resultiert für die Betroffenen häufig
das Gefühl völliger Ohnmacht gegenüber Polizei und Staat, was durch
geringe Chancen eines strafrechtlichen Belangens der Täter noch
verstärkt wird.

Die Ausstellung "Vom Polizeigriff zum Übergriff" dokumentiert Beispiele
von Polizeigewalt, gibt Betroffenen eine Stimme und fragt zugleich ob
Motive auch in der Struktur des Polizeiapparates selbst liegen. Ein
besonderer Fokus liegt zudem auf rassistischer Polizeigewalt: Warum
geraten vermehrt Migranten in das Visier der Polizei? Ist der Rassismus
in der Polizei nur ein Spiegelbild der Gesellschaft oder steckt mehr
dahinter?

In Wuppertal, wo die Ausstellung vor Leipzig Station machte, erwirkte
der städtische Oberbürgermeister Peter Jung das Schließen der
Ausstellung im Rathaus. Sie sei "zu einseitig" und verunglimpfe das
Ansehen der städtischen Polizei.

Wir laden die Leipziger und Leipzigerinnen herzlich ein, sich selbst ein
Bild zu machen. Die Ausstellung ist wochentags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Im Rahmen von zwei Veranstaltungen die gemeinsam von der Roten Hilfe
Leipzig und dem linXXnet organisiert werden, wird die Thematik
eingehender beleuchtet: Mit der "Initiative in Gedenken an Oury Jalloh"
steht am 22.2.2008 das Thema rassistischer Polizeigewalt zur Debatte. Am
6.3.2008 referiert der Journalist Otto Diederichs über Verschärfungen
des Polizeirechtes und Möglichkeiten der Stärkung von Bürgerrechten
gegen die entgrenzte Staatsgewalt.


Terminankündigungen:


Freitag, 22.2.2008, 19.00 Uhr, linXXnet, Bornaische Str. 3d

 Vom Polizeigriff zum Tod in der Zelle?


Wie ist es möglich, dass ein Mensch in einer Gefängniszelle im so
genannten "Sicherheitsgewahrsam" verbrennt und die Todesumstände seit
über drei Jahren ungeklärt bleiben? Die offenen Fragen zu dem Todesfall
Oury Jallohs sind zahlreich und erschreckend. Dabei wird die Schuldfrage
verdreht, das Opfer zum Täter gemacht.
Der konkrete Fall steht exemplarisch für die rassistische Praxis des
deutschen Staates.
Gemeinsam mit der "Initiative in Gedenken an Oury Jalloh" soll der Stand
der Dinge in dem konkreten Fall beleuchtet werden. Außerdem werden
Aktivisten aus Leipzig über ihre Arbeit mit Betroffenen rassistischer
Staatsgewalt berichten.


Donnerstag, 6.3.2008, 19.00 Uhr, linXXnet, Bornaische Str. 3d

Staatsgewalt außer Kontrolle. Entgrenzung polizeilicher
Handlungsspielräume und polizeilicher Praxis.

In den letzten Jahren wurden die Kompetenzen der Polizei stetig
erweitert. Die Entscheidung über wesentliche Fragen der polizeilichen
Entwicklung sind dabei inzwischen auf europäische Ebene verlagert,
Sicherheitstechnologien erleichtern die Praxis der Exekutoren
staatlicher Gewalt. Im Alltag lässt sich zudem polizeiliche Willkür
erfahren, gegen die die Betroffenen kaum Handhabe haben  — Opfer sind
oft MigrantInnen.
Otto Diederichs (Redakteur "Bürgerrechte und Polizei — CILIP") wird in
seinem Vortrag die Verschärfungen des Polizeirechtes beleuchten und
gleichsam die Frage nach der Stärkung von BürgerInnenrechten gegen die
entgrenzte Staatsgewalt stellen.

Informationen zur Ausstellung:
www.polizeigriff.org
www.linxxnet.de

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