Am 12. Januar marschierten
rund 350 Neo-Nazis aus Leipzig, Delitzsch, Borna und Chemnitz sowie
aus Thüringen und Bayern durch die Leipziger Stadtteile
Anger-Crottendorf, Reudnitz und Stötteritz. Auf ihrer rund 5km
Strecke mitten durch Wohngebiete war es ihnen möglich,
unverhohlen antisemitische Propaganda zu skandieren und ihre
dezidierte Ablehnung von Demokratie und Antifaschismus zur Schau zu
stellen. Während Nazis vermummt auf der Demo liefen, wurde
Protest durch Bewohner der Stadtteile und diversen Antifas teilweise
gewalttätig und rechtswidrig unterbunden.
Das bereits im November
von Nazis angegriffene Wohnhaus in der Holsteinstraße war Ort
der Zwischenkundgebung. Isztvan Repaczki, Anmelder des Aufmarschs,
konnte hier sein nazistisches, antisemitisches und
antipluralistisches Weltbild zur Schau stellen und einmal mehr die
bereits bedrohten Anwohner verhöhnen.
Polizei und Ordnungsamt
Die kurzfristig
angemeldete Nazidemo wurde zunächst versucht, seitens
Ordnungsamt und Polizei geheim zu halten, um offensichtlich möglichen
Protest einzudämmen.
Nachdem bekannt wurde,
dass die Zwischenkundgebung in der Holsteinstraße stattfinden
sollte, kam es zu mehreren Beschwerden an Polizei und Ordnungsamt
durch Bewohner des Hauses
Die Heiko Rosenthal
(Ordnungsbürgermeister, LINKSPARTEI) unterstellte
Versammlungsbehörde sicherte daraufhin zu, dass die Kundgebung
verlegt würde. Dies geschah nicht. Stattdessen wurde das Haus
selbst zweimal durch Polizeieinheiten gestürmt. Beide Male wurde
die Haustür gewaltsam geöffnet. Beim ersten Eindringen
wurden Personalien anwesender Personen durch eine BFE festgestellt .
Zur Verwunderung der Poizei waren es wohl nur Bewohner des Hauses.
Grund der Maßnahme war die Vermutung, Gegenstände könnten
vom Dach geworfen werden.
Beim zweiten Betreten
durch eine Leipziger Einheit der Bereitschaftspolizei wurde die
Stromversorgung des gesamten Hauses unterbrochen, Bewohner wurden
unter Gewaltandrohung von den Sicherungsanlagen ferngehalten. Hierbei
kam es zu diversen Verbalentgleisungen der Beamten. Besonders
hervorgetan hat sich ein vollvermummter Testosterongeschwängerter
(siehe Zitate-Kiste unten). Bei dieser Maßnahme wurde die
Sicherungsanlage und dadurch Computer im Haus beschädigt. Grund
war das Abspielen lauter Musik aus einer leerstehenden Wohnung des
Hauses, was wohl die Nazis bei der Kundgebung gestört haben
dürfte. (LVZ-Bericht hier)
Eine Absicherung des
Hauses in den Abendstunden wurde abgelehnt, dafür gab es nach
Polizeiangaben keinen Bedarf.
Das scheint
unverständlich, nachdem ein Haus, welches von Studierenden,
Lehrlingen und Senioren bewohnt wird, erst durch Nazis angegriffen
und dann auch noch verhöhnt wird. Entgegen der augenscheinlichen
Annahme Leipziger Behörden wurden hier keine linken Wohnprojekte
angegriffen, sondern Wohngemeinschaften und bürgerliche
Wohnungen.
Antifa
Die Antifa-Demo war für
eine dreitägige Mobilisierung gut besucht, rund 500 Teilnehmer
waren am Start. Gegen 13:30 wurde die Demonstration aufgelöst.
Überall entlang der Nazi-Route waren mehr oder minder große
Gruppen unterwegs. Die Polizei vereitelte jedoch weitere Aktionen.
Eine Sitzblockade auf der Unteren Eichstättstraße wurde
nach einer halben Stunde aufgelöst. Bis zum Ende der Nazi-Demo
gab es keine größeren Störungen. Einigen
Nazi-Kleingruppen konnte trotzdem "nonverbale Abneigung"
entgegen gebracht werden. Es gab zwei in Gewahrsamnahmen, keine
Festnahmen.
Hier bleibt zu erwähnen,
dass es auch ohne konkreten Anlass Pläne für mögliche
Vorgehensweisen geben muss in Zukunft. Klar war die Zeit zu kurz. Bis
zum nächsten Aufmarsch bleibt mehr Zeit. Und der wird wohl
leider über kurz oder kommen.
Nazis
Bis zu 350 Nazis waren auf
dem Aufmarsch zu verzeichnen, der größte Teil war von
außerhalb angekarrt worden, offensichtlich fehlt es zwar nicht
an Aktionismus, dafür aber am tumben Fußvolk. Die größte
Störung fand durch Musik während der Zwischenkundgebung
statt.
Inhaltlich völlig
stumpf und fern jeder Realität sprach Isztvan Repaczki sich
gegen Demokratie und Antifaschismus aus und konstruierte haltlose
Zusammenhänge zwischen vom jüdischen Volk verursachte
Zinsknechtschaft und dem Fehlen von Arbeitsplätzen für
Deutsche sowie der Finanzmittel, die die Massen an kriminellen
Ausländern in Deutschland aufsaugen würden, welche zur
Sanierung von Kindergärten fehlen würden. Hier hat er es
wohl geschafft, FDP-Parolen vom aktuellen Bürgerentscheid zu
verwenden. Intelligenter junger Mann, wie das folgende Bild nahe
legt.
Er wohnt übrigens in
der Ostraße 96 in 04317 Leipzig und freut sich immer wieder
über Probe-Abonnements verschiedenster Tageszeitungen.
Am Ende bleibt, dass die Nasen gelaufen sind. In ihren Foren jubeln sie fast schon über ihren Erfolg und feiern ihren großartigen und erfolgreichen Aktionismus.
Ihre neuen Arbeitsweise und Ihr anhaltender Aktionismus ist allerdings auch nur stupides Befolgen von Konzepten. Grundlagen scheint die Broschüre "Freie Nationalisten – ein Leitfaden" zu sein. (findet sich unter http://www.ab-rhein-neckar.de/freie.pdf )
Presse:
LVZ 13.01.08 – "Neonazis marschieren durch den Leipziger Stadtteil Reudnitz"
indymedia 11.01.08 – last updates
indymedia 13.01.08 – erste einschätzung
Neues Deutschland – Kritik nach Nazi-Demo in Leipzig
Zitate-Kiste
(der oben
erwähnten BePo-Einheit aus Leipzig gegenüber den Bewohnern
der Holsteinstraße:)
1. "Zahlt ihr hier
überhaupt Miete?"
2. Frage nach dem
Einsatzleiter wird beantwortet: "Ich hör nix, ich hör
nix…"
3. Frage nach dem Grund
der Maßnahme wird beantwortet: "Du kriegst gleich auf die
Fresse!", nach dem Anlaß gefragt: "Weil du
Scheiße bist!" (der als jung, solariumgebräunt beschriebene Beamte
hatte offenbar nach dem Frühstück zu tief in den
Hormon-Eimer geblickt)
4. Kommentar zu den
Fahrrädern im Hausflur: "Guckt euch die Schrotträder
an, los, da nimmt jeder eins mit und wir stapeln ne Pyramide auf."
5. nach der zweimaligen
Bitte an einen Beamten, von einem Fahrrad wieder abzusteigen: "Oh,
es hat bitte gesagt."
6. Beamter im Hof zu
Bewohnern: "Na, euer Haus fällt wohl auseinander? Macht
doch gleich ein Feuer, reißt es ab und zieht weg."