Time To Say Goodbye
Aus
Anlass der gerichtlichen Entscheidung über die Räumung des “Tönsberg”
ruft das Ladenschlussbündnis zu einer Demonstration auf. Schluss mit
Thor Steinar, Schluss mit jedem Rassismus, Antisemitismus und
Chauvinismus!
Elf Monate nach Eröffnung des
„Tönsberg“, einer hauseigenen Filiale der Bekleidungsmarke Thor
Steinar, wird das Leipziger Landgericht am 28.8.2008 über die Räumung
des Ladengeschäftes urteilen. Die Verwalterin des Hauses in der
Richard-Wagner-Straße hatte nach kontinuierlichen, vielfältigen
Protestaktionen im Dezember 2007 Klage eingereicht. Die Anfechtung des
Mietvertrages stützt sich auf den Vorwurf der arglistigen Täuschung
über das Warensortiment. Die Thor-Steinar-Vertriebsfirma „Mediaxtex“
hatte – wie auch bei der Einmietung der Magdeburger Filiale „Narvik“ in
das Hundertwasserhaus – den Verkaufzweck nebulös mit „Streetwear“
umschrieben und in Leipzig sogar die Spezifik „Übergrößen“ hinzugelogen.
Ob es Thor Steinar-Bekleidung auch in Übergrößen gibt sei dahin
gestellt. Das Problem ist die politische Botschaft, die mit Thor
Steinar verknüpft ist. Thor Steinar-Klamotten spielen subtil auf
völkische, im Nationalsozialismus verwendete Symboliken und Ereignisse
an und verherrlichen Gewalt. Zwar ist die Zeit der recht klar deutbaren
Kollektionen mit Schriftzügen wie „Viking Division“, „Nordmark“, “Ski
Heil” oder “Ultima Thule“ vorbei. Nach gerichtlichen
Auseinandersetzungen wurde auch das alte Logo durch ein scheinbar
unverfänglicheres ersetzt. Schließlich versucht Thor Steinar mit
eigenen Filialen in Innenstadtlagen als ganz „normale Marke“
daherzukommen.
Trotz dieses recht durchschaubaren Strategiewechsel muss klar sein:
Thor Steinar ist nicht “frei zu sprechen” – weder die Verquickung mit
der rechten Szene wurde von den Köpfen der Marke jemals bestritten,
noch wurde Abstand von dem bei Nazis beliebten Anspielen auf nordische
Mythologie genommen. Im Gegenteil: Thor Steinar wird von Nazis bewusst
gekauft und getragen. Jede und jeder, der die Marke verkauft und
erwirbt nimmt bewusst die Propagierung menschenverachtender Ideologie
und Verherrlichung des Nationalsozialismus in Kauf.
Marken wie Thor Steinar, Eric & sons, Consdaple und andere Marken
sind für Nazisszene identitätsstiftend, sie organisieren szeneinternen
Zusammenhalt und bauen nach außen Bedrohungsatmosphären auf. In Läden
die das „Tönsberg“ sind also Bestandteil der rechten Infrastruktur.
Aus Anlass der Urteilsverkündung am 28.8. ruft das Ladenschluss-Bündnis zu einer Demonstration auf.
Mit der Demonstration wollen wir einerseits auf den Urteilsspruch
reagieren und – hoffentlich – die Niederlage des
Mediatex-Firmengeflechts feiern. Zum anderen soll deutlich gemacht
werden, dass eine mögliche Räumung des Ladens keineswegs die Lösung des
Problems ist: Weder rechte Einstellungen, entsprechende Lifestyles und
Gewalt gegen Menschen – ob “am Rand” oder “in der Mitte” – werden damit
aus dem Weg geräumt. Im Gegenteil: die lokale und regionale Naziszene
ist immer aktiver, offensiver und besser vernetzt. Übergriffe auf linke
Projekte und Menschen mit Migrationshintergrund oder massive Propaganda
im öffentlichen Raum gehören in Leipzig zur traurigen Normalität.
Die Stadt zeigt sich angesichts dessen zumindest um ihr Image besorgt.
Solange aber die durch die staatliche Politik sowie öffentliche
Debatten vorangetriebene Ausgrenzung von anders als der Mainstream
Aussehenden und Lebenden, die restriktive Sicherheitspolitik, Rassismus
im Alltag und durch Ämter und Behörden oder die Diskreditierung linker
antifaschistischer Politik nicht als Teil des Problems wahrgenommen
werden, werden Nazis immer wieder einen fruchtbaren Resonanzboden für
ihrer Ideologien finden.
So
oder so … das “Tönsberg” und der Urteilsspruch sind für uns Aufhänger
für die klare Absage an menschenverachtende Denk- und Handlungsweisen
und die Kriminalisierung linker Politik. Laut und entschlossen!
Demonstration: Donnerstag, 28.August 2008, 17 Uhr ab Südplatz, Leipzig