Das der gemeine Nazi dazu übergegangen ist, sich kaum mehr merklich durch seine Kleidung zu erkennen zu geben, ist an sich nichts neues. Bomberjacken und Springerstiefel, Glatze und stumpfer Gesichtsausdruck sind passé, ein wohlwollend "stylisches" Outfit macht es auf der Straße und bei Veranstaltungen merklich schwerer, sie zu identifizieren. Obwohl sich über den Gesichtsausdruck vielleicht noch streiten lässt, sind vormals "linke" Klamotten wie diverse Streetwear, tiefsitzende Hosen und Basecaps angesagt, meist in schwarz.
Hinzu gesellt sich nun der Versuch, über die Vereinahmung zunächst "links" erscheinender Argumente, sich in bereits bestehende Diskussionen einzuklinken und (persönliche) Akzeptanz in breiten Kreisen zu erarbeiten.
Sowohl am 22. als auch am 28. November erscheinen auf Podiumsdiskussionen der Linkspartei in Leipzig Reudnitz und Stötteritz Gruppen junger Männer, die sich im Auditorium niederließen. Nach und nach mischen sie sich in die Diskussion ein, versuchen sich von "…sogenannten Rechtsextremen" zu distanzieren. Den Anwesenden kommen zwar Zweifel an der ungewöhnlichen Teilnahme von 21 bzw. 11 jungen männlichen Personen, wirklich identifizieren als Nazis kann sie zunächst niemand, aber wie profilierungssüchtige Nasen nunmal sind, tun sie das gleich selbst.
Auf der website der "Freien Kräfte Leipzig" brüsten sie sich mit der Teilnahme an der Veranstaltung vom 28. November, stellen ihr Bedürfnis dar, gern mal was zu erzählen zum Thema "deutsche Volksgemeinschaft statt Klassenkampf und Klassenpolitik" und merken dann doch kleinlaut an, dass eine Stunde lang mit vielen Begriffen um sich geworfen wurde – die offensichtlich nur von den Mitgliedern der Linken verstanden wurden.
Die 11 Teilnehmer verlassen daraufhin den Veranstaltungsort und gehen mit 40 weiteren Personen, die draußen in den anliegenden Seitenstraßen warten durften, zu einer weiteren Veranstaltung der "Linkspartei" zum Thema NPD-Verbot. Diese können sie aber nicht finden. Niemand weiß, wie lange sie gesucht haben, wahrscheinlich nicht sonderlich lange. Schließlich mussten 40 Kameraden bereits eine Stunde draußen rumstehen, und Ende November ist es durchaus kalt in Deutschland.
Damit klärt sich auch die Erscheinung der ungefähr 35 Vermummten, welche am 22. November ein Wohnhaus in Leipzig Reudnitz mit Leuchtspurmunition angriffen. Kurz vor deren Auftritt verließen 21 männliche Personen die oben genannte Veranstaltung, welche nur wenige Straßen von dem Mehrfamilienhaus stattfand, und zogen mit den in der Nähe fröstelnden Kameraden für ihre Drohaktion auf.
Ebenso erklärt sich ihre Herkunft. Aus der erwähnten website geht hervor, dass die anwesenden Nasen aus Leipzig und der südlich gelegenen Kleinstadt Borna kamen.
Borna machte in der Vergangenheit Schlagzeilen durch die sogenannte "Gedächtnisstätte" – ein überregionales Nazi-Zentrum, betrieben durch das rechtsextreme Collegium Humanum. (Dokumentation im Conne Island Newsflyer #130)
Borna und die umliegenden Dörfer im Südraum Leipzig gelten in Nazi-Kreisen als national befreit.