LVZ-Online 09.09.08

 Rechtsextreme Ausschreitungen bei Bürgeraktion in Eilenburg
 

Eilenburg/Leipzig. Es sollte eine friedliche Aktion gegen illegale
Plakatierung in Eilenburg werden. Am Ende musste die Polizei rund 30
engagierte Bürger der Muldestadt vor 150 Krakeelern aus dem nach
Behördenangaben rechtsextremen Spektrum am Montagabend schützen. Die
Randalierer bedrohten die Helfer, warfen Feuerwerkskörper und Zettel
mit rechtsextremen Parolen. Oberbürgermeister Hubertus Wacker (SPD)
kündigte "sinnvolle Reaktionen an".

Das Stadtoberhaupt zeigte sich einen Tag später erschüttert von der
Randale in seiner Stadt. "Wir setzen uns jetzt mit Ordnungsamt, Polizei
und Streetworkern zusammen und beraten unser Vorgehen", sagte Wacker
gegenüber LVZ-Online. Blanken Aktionismus lehne er ab.

Die NPD mache auch in der Muldestadt mobil, das sei ein großes Problem.
Eilenburg habe die gleichen Konflikte mit Rechtsextremen wie andere
Kleinstädte in der Region auch. Erschwerend komme die Nähe zu Wurzen
hinzu. Die Stadt gilt als Hochburg von Neonazis.

Am Montag hatten sich freiwillige Helfer getroffen und wollten bei
einer Reinigungsaktion mitmachen. Nach Angaben des Oberbürgermeisters
hat die Stadt schon länger mit illegal angebrachten Aufklebern an
Verkehrsschildern und Lichtmasten zu kämpfen. Sticker mit
rechtsextremem Gedankengut würden regelmäßig vom linksextremen Lager
mit eigenen Botschaften überklebt. "Wir wollten dagegen etwas machen
und hatten gemeinsam mit Streetworkern die Idee, diese Aufkleber
abzukratzen", erklärt das Stadtoberhaupt. Dafür sei in Jugendklubs und
Schulen geworben worden.

Noch während im Rathaus gegen 18 Uhr die Aufgaben verteilt wurden,
marschierten auf dem Nikolaiplatz hinter dem Gebäude die Rechtsextremen
auf. Nach Angaben der Ordnungshüter zündeten sie dort die
Feuerwerkskörper, riefen "noch nicht zuordenbare Sprüche", bedrohten
die Teilnehmer und warfen Zettel mit rechtsextremen Parolen.

Die zumeist jugendlichen Bürger ließen
sich davon nicht einschüchtern und machten sich dennoch auf den Weg, um
die Aufkleber zu entfernen. Dabei ist es den Beamten zufolge immer
wieder zu heftigen Wortwechseln und Provokationen gekommen. Als sich
die Situation weiter zuspitzte, alarmierten die Teilnehmer der
Reinigungsaktion die Polizei. Die Einsatzkräfte riefen sofort
Verstärkung aus allen Revieren der Polizeidirektion Westsachsen und der
Bereitschaftspolizei. Insgesamt waren 50 Beamte im Einsatz.

Sie kontrollierten die Personalien der Rechtsextremen und sprachen
anschließend Platzverweise aus. "Aufgrund der massiven Polizeipräsenz
zogen sich die Störer dann zurück", erklärte Behördensprecherin Ilka
Peter. Bei einem 18-Jährigen sei Reizgasspray gefunden und eingezogen
worden. Es wurden mehrere Ordnungswidrigkeiten begangen. Der
Polizeieinsatz war gegen 22 Uhr beendet.

Das Großaufgebot der Beamten in Eilenburg begründet Peter mit den
Ereignissen von Mörtitz unweit der Muldestadt im August. Damals hatten
etwa 15 betrunkene Jugendliche zwei Polizisten angegriffen. Die
Ordnungshüter waren wegen einer nächtlichen Ruhestörung gegen 2.30 Uhr
in das Dorf gerufen worden. In der Muldeaue feierten etwa 100 Personen
des ortsansässigen Jugendklubs sowie Gäste aus Eilenburg und Leipzig
ausgelassen eine Party. Einer der beiden Beamten konnte sich nur mit
einem Warnschuss retten, als er von den Partygästen geschlagen wurde
und zu Fall gebracht werden sollte.

Matthias Roth, LVZ-Online

© LVZ-Online, 09.09.2008, 11:46 Uhr

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