LVZ-Online 15-09-08

Linke sollen wegen Stimmen für NPD-Antrag Partei verlassen

Dresden. Der sächsische Linken-Politiker Ronald Weckesser soll wegen
der Zustimmung zu einem Antrag Rechtsextremer im Dresdner Stadtrat
Partei und Landtagsfraktion verlassen. Das stellte Parteichefin
Cornelia Ernst am Montag in Dresden klar. Finanzexperte Weckesser und
vier andere Linke hatten am vergangenen Donnerstag im Stadtrat einem
Antrag des von der NPD gesteuerten „Nationalen Bündnisses“ zum Gedenken
an die Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 zugestimmt.
Gremien der Linken forderten sie danach auf, binnen einer Woche die
Partei zu verlassen. Die Landtagsfraktion will voraussichtlich am
Donnerstag in einer Sondersitzung über Weckessers Zukunft im Parlament
entscheiden.
Mit der NPD könne es keinerlei Form einer politischen Zusammenarbeit
geben, betonten Ernst und der Linken-Fraktionschef im Landtag, André
Hahn. Wenn Parteimitglieder dagegen verstoßen würden, könne das nicht
ohne Konsequenzen bleiben. Weckessers Agieren habe in der Partei
Empörung ausgelöst. „Man kann nie einem NPD-Antrag zustimmen. Damit
normalisiert man diese Partei“, sagte Ernst. Der Ruf nach Konsequenzen
sei nachvollziehbar. Der antifaschistische Grundkonsens – das ist die
Basis unseres Wirkens als Partei. Wenn das angekratzt wird, glaube ich,
erodiert die Partei. Das können wir nicht zulassen. Deshalb wird auch
gehandelt werden.“

Die Abstimmung in Dresden hatte bereits am vergangenen Freitag für
Proteste gesorgt. Offenbar war der Stadtrat von dem Antrag der
Rechtsextremen überrumpelt worden. Auch Oberbürgermeisterin Helma Orosz
(CDU) hatte nicht eingegriffen und ihn zur Abstimmung zugelassen. Neben
den Linken votierten auch CDU-Mitglieder und Vertreter anderer
Fraktionen für den Antrag. Erst im Nachhinein wurde klar, dass die
Rechtsextremen mit dem 11. September auf ein anderes Datum abhoben.
Nach Aussagen der stellvertretenden Linken- Bundesvorsitzenden Katja
Kipping waren am 11. September 1944 bei einer Offensive der Alliierten
in der Nähe von Trier 12 000 deutsche Soldaten ums Leben gekommen. Ein
Mitglied des „Nationalen Bündnisses“ habe nach der Abstimmung
klargestellt, dass er dieser Soldaten gedachte.

Die Stadt widersprach dieser Darstellung. Bei der Abstimmung sei es
allein um die Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 in den
USA gegangen, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Der Antragsteller vom
„Nationalen Bündnis“ habe später klarmachen wollen, dass er kein Nazi
sei und dazu einen Besuch in Frankreich angeführt, bei dem er auf einem
Friedhof französischer und deutscher Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg
gedacht habe. Vom Zweiten Weltkrieg sei da überhaupt keine Rede gewesen.

Ernst ließ am Montag offen, ob die Partei von sich aus ein
Ausschlussverfahren gegen Weckesser und die anderen anstrengt. „Ich
werde nicht von Optionen sprechen“, erklärte Ernst. Auch Weckesser
müsse gehört werden. Sie selbst könne sich eine weitere Zusammenarbeit
mit ihm aber nur schwer vorstellen. Hahn hielt das „Maß des
Erträglichen“ für überschritten. Weckesser hatte seine Abstimmung am
Wochenende als eindeutigen Fehler bezeichnet. Dem Vernehmen nach denkt
er aber nicht daran, von sich aus Partei und Landtagsfraktion zu
verlassen.

 

dpa

 

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