5. Antira-Spaziergang

Wurzen in der Nachbetrachtung

 An die 250 Menschen nahmen am vergangenen Sonntag am Antirassistischen Stadtspaziergang in Wurzen teil, der nunmehr zum 5. Mal stattfand. Nachdem im letzten Jahr ca. 70 Nazis mit einer Sitzblockade vor dem Nazi-Versand von Thomas Persdorf – Front Records – die Demonstration aufhielten, war ihnen das nun nicht mehr möglich. Hauptsächlich durch die Teilnahme sportlicher und entschlossener AntifaschistInnen wurde für einen Tag die offensichtliche nazistische Hegemonie im Wurzener Stadtbild unterbrochen. 

Vorlauf

Bereits die ANmeldung der Demonstration führte zur traurigen Offenlegung der Einstellungsmuster in der Versammlungsbehörde des Landkreises Leipziger Land. Der zunächst erlassene Auflagenbescheid belegt mit Nachdruck, welches Demokratieverständnis die neuen Mitarbeiter unter dem CDU-Landrat Gey so mit sich bringen:  

  • Stangen für Fronttransparente dürfen nicht länger als 1m sein, Stangen für Fahnen nicht länger als 1,5m. Zudem dürfen sie einen Durchmesser von 3cm nicht überschreiten und an keinem Ende angespitzt sein. Das Fronttransparent an sich darf eine Breite von 2m nicht überschreiten, Seitentransparente sind nicht zugelassen. Fotografen aus dem Umfeld der Demo sind mit einer entsprechenden Armbinde zu kennzeichnen. Sogenannte Farbsprühflaschen oder sonstige Gegenstände zur Farbmarkierung mitzuführen ist verboten. 
  • "Kundgebungen/Ansprachen sowie Musikbeiträge sind in einer dem Versammlungszweck angemessenen Lautstärke zu halten, so dass nur die unmittelbaren Versammlungsteilnehmer angesprochen und darüber hinaus Passanten und Anwohner nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar belästigt werden."

Nur zur Erinnerung: aus Langeweile und Selbstbespaßung fährt wohl niemand freiwillig ins braune Muldental.

 

Anfahrt

Bereits am Leipziger Hauptbahnhof war das grüne Begrüßungskommando am Start. Besonders profilieren konnten sich hier testosterongeschwängerte Beamte eines Trupps mit einem roten Streifen als Erkennungsmarke. Um den freien Zugang zum Zug zu unterbinden, versperrten sie den Zugang zum Bahnsteig mit der Begründung bevorstehenden Personenkontrollen. Gut die Hälfte der Anreisenden umging die Blockade und nahm den hinteren Zugang. Der Rest der Gruppe wurde recht rabiat zurückgehalten. Und da den Beamten scheinbar für ihre sinnlose Aktion zu wenig Respekt entgegengebracht wurde, verschafften sie sich welchen:

 

Eben diese Einheit durchbrach auch die Gesetze der Physik und verschaffte sich mittels Faustschlägen und Schubsen Zugang und Platz im überfüllten hinteren Wagen. Hier glänzten sie dann mit ihren Softskills: sexistische und chauvinistische Sprüche ohne Ende, und der Versuch eines Beamten, den Anreisenden ein wenig mehr Heimatliebe für dieses schöne Land ans Herz zu legen. Btw: ein Beamter dieser Gruppe verlor offenbar ein komplettes Magazin am Bahnsteig, laut Funkmeldung war hierfür natürlich ein Demonstrationsteilnehmer verantwortlich, der dran gezogen hätte… Um`s in Summe zu sehen: bald werden Antifas mit angespitzen Stöcken und scharfer Munition auf Polizisten losgehen… alles klar, Herr Kommissar!

 

Wurzen

 

Begrüßt von zwei Hundertschaften zogen die Anwesenden teils lautstark und von Musik und Redebeiträgen begleitet durch die Landkommune. Einige Bürger schauten aus ihren Fenstern, der Großteil schloß sich auch ohne Aufforderung in der eigenen Wohnung ein. Nachdem immer wieder einzelne Nazis, teils gleich im PKW, sich hinter der Demo bzw. im Umfeld bewegten, erzeugten einige AntifaschistInnen eine sportive Wetterlage und brachen mehrmals aus. In der Folge sammelten sich rund 40 Nazis als Gruppe und wurden auch kurz darauf von Team Green festgesetzt.

Zwischenzeitlich waren sich die Cops auch nicht zu blöd, das Abkratzen von Nazi-Stickern verhindern zu wollen. 

Auch wenn der Spaziergang in klassischem Antifa-Outfit stattfand und so vielleicht nicht gerade einladend auf die Wurzenerinnen und Wurzener wirkte, so bleibt, dass es gerade dadurch möglich war,auf die Nazi-Präsenz reagieren zu können. 

Einen Konsens zu Durchbrechen, wie er ganz offenbar in Wurzen herrscht, ist mit einer Demonstration bestimmt nicht möglich. Angebracht war es allerdings seit langem mal wieder, in Wurzen vorstellig zu werden.  

 

Bericht des Zentralorgans: LVZ vom 23.03.09 

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One Response to 5. Antira-Spaziergang

  1. acab says:

    Euer Engagement in allen Ehren, aber die Verherrlichung von “sportlichen” Antifas (Militanz ist notwendig und nicht ästhetisch!) ist nun nicht sehr egalitär. Wortspielchen wie “sportive Wetterlage” und “Einige Bürger schauten aus ihren Fenstern, der Großteil schloß sich auch ohne Aufforderung in der eigenen Wohnung ein” tragen nicht zur flüssigen Lesbarkeit des Artikels und des Verständnisses eures Anliegens bei.

    Solidarische Grüße

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