LVZ-Leserbrief 26.03.09

Einen Aufschrei durchzieht die Wurzner BürgerInnenschaft, glaubt man den
am 24.3.09 veröffentlichen Meinungen zum 5. Antirassistischen
Sonntagsspaziergang, der am 22.3.09 durch Wurzen führte.
Gegen die auch vor Wurzen nicht halt machenden gewachsenen Aktivitäten
von Nazis wie auch – symbolisch und im Zusammenhang mit dem UN-Tag gegen
Rassismus – gegen die Unterdrückung und Ausgrenzung von Menschen mit
Migrationshintergrund, die sich im Alltag und durch staatliche Politik
vollzieht – richtete sich die Demonstration.
In der erzürnten Debatte um die Nicht-Wurzner, die am Sonntag zahlreich
in der Stadt erschienen waren, werden mehrere Dinge ausgeblendet: die
"Sonntagsspaziergänge" wurden auch in den Vorjahren von den
"Eingeborenen" kaum wahrgenommen. Gerade im letzten Jahr war die
Demonstration ca. 80 Nazis ausgesetzt, die die zumeist jungen Leute
sogar versuchten tätlich anzugreifen. Wo waren denn all die aufrechten
DemokratInnen, die sich nun lauthals gegen wahrnehmbare öffentliche
Meinungsbekundungen gegen rechts – und damit gegen Grundrechte, wie das
auf Versammlungsfreiheit und gegen Zivilcourage- aussprechen?
Wer thematisiert das massive und überzogene Polizeiaufgebot, das den
Demonstrierenden von Anfang an mit Aggressivität und Mißtrauen
entgegentrat? Wer rückt die Nazis in den Fokus, die sich auch in diesem
Jahr wieder versammelt hatten?
Wer hat den Bürgermeister der Stadt daran gehindert auf das Netzwerk
junger Leute aus dem Landkreis zuzukommen, und was das NDK, auf das in
der Anfangsphase der Vorbereitungen zum 22.3. zugegangen wurde und was
in einer ersten Version des Aufrufes zum Sonntagsspaziergang explizit
als wichtiger Träger demokratischer Kultur in der Stadt hervorgehoben
wurde, den Tag zu nutzen und die Wurzner BürgerInnen mit einem eigenen
Aufruf für eine weltoffene, nazifreie Stadt auf die Straße zu holen?

Sicherlich waren Erscheinungsbild und auch skandierte Sprüche mehr als
gewöhnungsbedürftig.
Es liegt in der Hand der Wurzner Bürgerschaft, ein Klima demokratischer
Alltagskultur und Weltoffenheit zu leben, das einen anderen Anstrich und
andere Methoden hat.

Juliane Nagel

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